Sonntag, 27. September 2009

Praxis: Bilder richtig texten

Zu lange und schwer verständliche Sätze, Text- und Bildaussagen, die auseinanderklaffen oder die immer gleichen Phrasen und Klischees: Um die Off-Texte in TV- oder Webvideo-Beiträgen ist es oft schlecht bestellt. Dabei gibt es einfache Kniffe, mit denen man Texte fürs Bewegtbild besser machen kann. dervj.de zeigt Tipps und Tricks für gute Texte.

Text und Bild: Wie passt das zusammen? (dervj.de)

Text und Bild

Bilder werden stärker als der Text wahrgenommen. Das Bild ist also grundsätzlich wichtiger als der Text. Zudem sollte man sich bewusst sein, dass sich komplizierte Sachverhalte im Bewegtbildmedium nur schwer umsetzen lassen. Deshalb kann man nicht eine vollständige Berichterstattung erwarten, sondern nur punktuell informieren.

Text und Bild müssen einander ergänzen. Das Bild zeigt, der Text erzählt. Beide dürfen nicht auseinanderklaffen.

Bild und Text werden auf unterschiedliche Weise wahrgenommen. Sind die Bilder stark, geht der Text unter. Sind die Bilder schwach, wird dem Text mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Der Wechsel aus beiden Situationen ist der Schlüssel zum Erfolg. Starker Text/schwaches Bild und schwacher Text/starkes Bild wechseln sich ab.

Hintergrund ist die menschliche Wahrnehmung von Bild und Text. Bilder/Emotionen werden von der rechten Gehirnhälfte wahrgenommen, Texte/Informationen von der linken. Je stärker also der Bildreiz rechts, umso weniger können Informationen links aufgenommen werden.

Für den Beitrag heißt das: Wer viel Informationen vermitteln will, sollte auf starke und schnelle Bilder eher verzichten – und andersrum. Bei langen Einstellungen zum Beispiel kann sich der Zuschauer besser auf den Text konzentrieren.

Deshalb sollte beim Texten auf die Bilder immer überlegt werden: Ist das Bild eher emotional (also sparsam texten) oder ist weniger emotional (mehr texten)?

Bilder können

• informativ (zum Beispiel Szenen brennendes Haus / dann ist der Text überflüssig),

• meditativ (zum Beispiel Stimmungen erzeugen / Text muss Emotion unterstützen),

• illustrativ (zum Beispiel Kriegszenen / Bilder liefern Information, Text untermalt)

sein.

Bild werfen oft Fragen auf. Deshalb muss der Text ergänzen. Der Text muss das Zusammenspiel der Bilder in Begriffe fassen. Der Text:

• erzählt was zu sehen ist, zum Beispiel durch Zeigewörter („diese Straße“). Das heißt aber nicht, dass er erzählt was eh zu sehen ist, sondern auf bestimmte Aspekte hinweißt oder Orientierung und Hintergrund liefert,

• sagt präzise, über welche Gegenstände und Personen gerade gesprochen wird,

• erklärt die Bilder und deren Zusammenhang,

• erklärt auch, wie die Bilder entstanden sind,

• spricht an, was sich viele Zuschauer vermutlich wünschen,

• spricht auch vorher schon gezeigtes noch mal an,

• ordnet Zeit und Ort ein und verbindet sie stilistisch mit weiteren Informationen.

Letztlich sollte immer überprüft werden ob das Bild nicht schon genug Informationen liefert, die den Text nur überflüssig machen. Dann sollte der Text schweigen. Damit gönnt man dem Zuschauer zudem auch mal eine Verschnaufpause.

Der Text darf das Bild nicht einfach platt beschreiben – was offensichtlich eh zu sehen ist. Das führt zu einer Doppelung von Text und Bild. Besser Informationen und Hintergründe vermitteln und somit sagen, was der Zuschauer nicht sieht. Platte Beschreibungen sind nur angebracht wenn wirklich nicht genau zu erkennen ist, was zu sehen ist.

Noch verwirrender für den Zuschauer sind Text-Bild-Scheren. Das heißt, die Informationen die Text und Bild jeweils liefern, passen nicht zusammen. Der Zuschauer ist verwirrt. Bilder liefern immer Konkretes, nur der Text kann dazu die abstrakten Zahlen und Informationen liefern. Das heißt aber nicht andersherum, dass ständig zu jedem Satz das passende Bild geliefert werden muss. Vor allem in Nachrichtenfilmen kommt es immer wieder zu Text-Bild-Scheren, wenn zum Beispiel Bilder von einer Pressekonferenz gezeigt werden. Hat man keine Bilder zum Text hilft zur Not nur noch das Archiv (im Text darauf hinweisen) oder eventuell Grafiken. Ansonsten gilt: Ohne Bilder kein Text.

Satzbau, Bild und Schnitt hängen unmittelbar miteinander zusammen. So sollte nach einem Schnitt der neue Satz auch erst mit dem neuen Bild beginnen. Das erste Wort des Satzes sollte direkt den Bildinhalt ansprechen. Ist zum Beispiel das Bild eines Staus zu sehen, könnte der Satz so beginnen:

"Staus...
Gleich danach kommen Informationen, die dem Bild nicht zu entnehmen sind.

...gehören zum Alltag auf der A4 zwischen Jena und Gera."
Das funktioniert auch mit Haupt- und Nebensatz. Der Hauptsatz spricht das Bild an, der Nebensatz liefert die Informationen, die nicht im Bild zu sehen sind.

Text und Einstellungsgröße

Zwischen Einstellungsgröße und Text gibt es eine direkte Beziehung. Feste Regeln gibt es jedoch nicht. Dennoch lässt sich einiges umreißen: Umso mehr Totale, desto mehr Platz für Text. Die Totale bietet die Möglichkeit, einordnende Informationen (Zeit, Ort, Personen) zu geben. Nahe Einstellungen bieten kaum Platz für Text. Sie sind meist stark und sprechen für sich allein. Im Einzelnen.

Für die Supertotale gilt: Da der Zuschauer hier einen allgemeinen Überblick bekommt, ist genug Platz für einordnende Informationen. Bei emotionalen Supertotalen, zum Beispiel einem Schwenk über eine malerische Landschaft, kann der Text aber auch stören.

Auch bei der Totalen und Halbtotalen können Informationen gegeben werden, die der Orientierung dienen. Handelnde Personen werden vorgestellt. Ein Text ist eigentlich unerlässlich.

Bei der Halbnahen erklärt der Text vor allem wichtige Details. Da das Bild meist die Dinge selbst erklärt, kann auch emotionaler getextet werden.

Bei der Nahen handelt es sich um eine subjektive Bildauswahl. Die Bilder sprechen für sich. Text sollte hier nur sparsam verwendet werden. Oft werden aus der Totalen heraus nahe Einstellungen gezeigt. Versteht der Zuschauer aber nicht sofort was die Nahe zeigt (wenn sie zum Beispiel gleich am Anfang kommt), sollte das im Text erklärt werden.

Auch bei Großaufnahmen spricht das Bild für sich, erklärender Text ist nicht nötig. Bei der Detailaufnahme ist der Bildausschnitt so klein, dass im Text auf diesen Effekt hingewiesen bzw. erklärt werden soll, außer sie spricht für sich selbst.

Nicht nur der Bildausschnitt sondern auch der Standpunkt und die Perspektive der Kamera wirken sich auf den Text aus:

Bei der Froschperspektive wirken Personen dominant, manchmal auch karikierend. Diese Wirkung sollte sich im Text widerspiegeln bzw. verstärkt werden.

Bei der Vogelperspektive steht der Zuschauer über dem Geschehen. Personen wirken schwach. Diese Perspektive kennt der Zuschauer aus einem Leben. Deshalb ist die Wirkung eher schwach – auch für den Text.

Auch Bewegungen im Bild haben Auswirkungen auf den Text. Ob es nun die Bewegung der Handlung ist oder die der Kamera selbst. Beides löst hohe Bildreize aus. Der Zuschauer muss den Bewegungen folgen – und auch dem Text. Dieser sollte vor allem einordnende Informationen liefern, da sich bei Bewegungen oft Szene und Räume ändern:

Schwenks – vor allem wenn sie lang sind (Panoramaschwenks) – haben vor allem emotionale Wirkung. Text ist hier eher überflüssig. Geleitende oder hinführende Schwenks hingegen haben einen hohen informativen Wert. Mit ihnen lassen sich oft schwierige Sachverhalte verbildlichen. Eine Erklärung im Text ist notwendig, am besten nachdem der Schwenk vorbei ist. Das gilt vor allem für schnelle Schwenks, welche die ganze Aufmerksamkeit des Zuschauers benötigen. Erst danach kann er sich wieder auf den Text konzentrieren. Bei Reißschwenks geht der Text ganz unter. Sie werden rein dramaturgisch eingesetzt.

Zooms benötigen fast immer einen erklärenden Text. Wird an ein Objekt aus einer Totalen herangefahren, muss der Zuschauer erfahren warum. Beim Aufzieher sollte der Text erst am Ende beginnen, da der Zuschauer mit der Wahrnehmung der im Bild auftauchenden Objekte beschäftigt ist. Ist der Aufzieher aber zu lang, kann dazugetextet werden.

Nimmt die Kamera die Sichtweise des Zuschauers ein (subjektive Kamera) muss sehr eng aber sparsam an der handelnden Personen getextet werden.

Bei der Kamerafahrt sind durch die Dynamik der Bilder Texte eher störend.

Sprache und Grammatik

Die Sprache sollte nicht nur informell, sondern auch emotional sein. Mit starken Metaphern und kraftvollen Wörtern - ohne dabei schwülstigen Formulierungen zu verfallen.

Das wichtigste, an dem sich ein Text messen lassen muss ist seine Verständlichkeit – und zwar sofort und eindeutig (einmalige Hörbarkeit wie im Hörfunk). Denn der Zuschauer hat keine Lust oder Möglichkeit, zurückzuspulen. Wichtig ist eine bildhafte Sprache mit anschaulichen Begriffen. In der Realität werden oft zu viele Informationen in einen Text gepackt. Alles wirkt steif und ohne roten Faden. Wer gute Bewegtbildtexte schreiben will, sollte vor allem eins lernen: auf Informationen verzichten zu können.

Sätze sollten vor allem einfach und kurz sein. Zu lange Sätze aus mehreren Einzelinformationen verwirren den Zuschauer, weil er durch das einmalige Hören nicht weiß, in welche Richtung es geht. Außerdem erhöhen kurze Sätze das Sprechtempo. Eine Richtlinie ist: nicht mehr als zehn Wörter pro Satz. Das alles heißt aber nicht, dass der Text aus einer Aneinanderreihung von kurzen Hauptsätzen bestehen soll.

Besonders geeignet für Bewegtbild sind elliptische Texte. Das heißt, es wird grammatikalisch unvollständig getextet. Mal fehlt das Verb, mal das Hilfsverb, mal das Substantiv. Dennoch sollte es sinnvoll eingesetzt werden, damit der Text nicht zum Tickerstil verkommt. Ein gelungenes Beispiel:

"20. Juli 1944, 10.20 Uhr. Stauffenberg betritt die Baracke. Der Attentäter ruhig, gewissenhaft, entschlossen. Der Führer ahnungslos. Als Mann an der Spitz des Deutschen Reiches verantwortlich für Millionen Tote."
Ganze Sätze lassen sich gut durch Gelenkwörter (inzwischen, darum, außerdem, aber) verbinden. Sie erleichtern das Hörverständnis. Man sollte aber genau darauf achten, ob sie auch wirklich sinnvoll eingesetzt werden.

Hilfsverb und Partizip gehört immer zusammen. In diesem Beispiel erfährt der Zuschauer erst zum Schluss, was eigentlich passiert ("förderlich"):

"Die Abwrackprämie ist laut dem Deutschen Automobilverband, der gestern in Nürnberg tagte, für die Wirtschaft förderlich."
Besser ist es, Hilfsverb und Partizip direkt aneinander zu führen:

"Die Abwrackprämie ist für die Wirtschaft förderlich. Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Automobilverband, der gestern in Nürnberg tagte."
Infinitivkonstruktionen machen den Text schwer verständlich:

"Der Ministerpräsident beschwerte sich im Parlament, die Regierung versuche die Affäre als Erfolg zu verkaufen."
Besser:

"Der Ministerpräsident beschwerte sich im Parlament. Die Regierung wolle die Affäre als Erfolg verkaufen."
Weniger Substantive, mehr Verben. Denn sie bringen Schwung und Leben in den Text. Substantivierungen sollten in Verben verwandelt werden:

"Die Abschaffung der Zusatzklausel und die Bereitstellung neuer Antriebe, sind die Ziele der neuen Unternehmensführung."
Besser:

"Die Zusatzklausel abschaffen, neue Antriebe bereitstellen - das sind die Ziele der neuen Unternehmensführung."
Wie im Hörfunk auch, sollten Fremd- und Fachwörter sowie Abkürzungen vermieden bzw. zur Not erklärt werden. Außer es handelt sich um allgemein bekannte Abkürzungen.

Adjektive sind in Bewegtbildtexten meistens überflüssig weil sie oft schon durch die Bildinformation vermittelt werden. Szenen von heftigen Regenschauern müssen deshalb nicht als „heftige Regenschauer“ beschrieben werden. Bei jedem Adjektiv genau prüfen, ob es nicht entbehrlich ist bzw. unangebracht oder zu superlativ ist. Sinnvoll sind Adjektive, wenn sie durch direkte Informationen ergänzt werden:

"Dieser verschmutzte Strand ist Teil der Ölkatastrophe."
Oder wenn Sie eine Person beschreiben:

"Selbstsicher tritt Angela Merkel vor die Presse."
Aktiv ist besser als Passiv, weil das konkreter ist und die handelnden Personen besser einbindet. Letztlich führt das auch zu einer besseren Verständlichkeit weil beim Aktiv das Verb weitere vorne steht als beim Passiv. Also nicht:

"Seit zwei Stunden wird nun schon durchs Stadion gelaufen. Die Zeit wird genau gemessen."
Besser:

"Seit zwei Stunden laufen die Athleten durch das Stadion. Der Trainer misst die Zeit ganz genau."
Zulässig ist das Passiv nur wenn man keine handelnden Personen braucht oder wenn übermenschliche Kräfte wirken.

Verzichten lassen sich oft auf Partizipien. Sie erschweren das Verständnis, weil sie die Informationen komprimieren. Statt:

"Das mit Chili und Curry gewürzte Fleisch wird nun in vier Stücke zerlegt."
ist die Verwendung eines Verbs besser:

"Das Fleisch wurde mit Chili und Curry gewürzt. Nun wird es in vier Stücke zerlegt."
Für Zahlen gibt es drei Regeln. Erstens: sparsam verwenden. Zweitens: lange Zahlen aufrunden und drittens: Anschaulichkeit statt Genauigkeit:

"Das Hanffeld ist rund 30.000 Quadratmeter groß."
Besser:

"Das Hanffeld ist so groß wie vier Fußballfelder."
Sparsam mit Synonymen umgehen. Mehr als zwei oder drei Synonyme für ein und dieselbe Person oder Sache verwirren den Zuschauer nur. Ganz im Gegenteil helfen Wiederholungen sogar, dass der Zuschauer Personen und Gegenstände im Film besser einordnen kann.

Wichtig ist ein kreativer Satzbau. Das heißt, nicht einfach kurze Sätze aneinanderhängen, sondern im Wechsel zwischen kurzen und langen Sätzen Spannung erzeugen. Sprachliche Varianz erhöht die Attraktivität eines Textes.

Ein Text fürs Bewegtbild muss für den Sprecher leicht und natürlich vorlesbar sein. Gerät der Sprecher aus dem Text oder versteht er etwas schon beim ersten Lesen nicht, ist das schon trügerisch. Deshalb sollten lange und informationsdichte Texte vermieden werden. Sie erschweren nicht nur die Verständlichkeit sondern auch die richtige Betonung.

Das Wichtigste oder Neues des Satzes – also das was auch betont wird – gehört nach hinten. Statt:

"Meistens sind Afrikaner unter den Flüchtlingen in Italien."
ist die Umstellung zur Betonung ("Afrikaner") besser:

"Unter den meisten Flüchtlingen in Italien sind Afrikaner."
Auch beim sprechgerechten Texten gilt: das Verb nach vorne ziehen.

Um dem Sprecher das Einsprechen zu erleichtern, sollte der Text von Zungenbrechern befreit werden. Ein typischer Fall ist das Genitiv-S:

"Mercedes’ neuer Vorstandschef Göbel..."
sollte zu:

"Göbel, neuer Vorstandschef bei Mercedes..."
umformuliert werden. Ein No Go ist, wenn man den Text schneller spricht, nur um alles in den Bilder unter zu bekommen.

Der Aufbau des Textes

Die wenigsten Filmberichte sind chronologisch sondern logisch aufgebaut. Im Gegensatz zu Nachrichtenmeldungen- und filmen (das Wichtigste zuerst) kommt im Bewegtbild die Kernaussage eigentlich erst zum Schluss. Bis dahin muss der Text darauf hinführen. Jedoch sollte man nicht schon vorher sagen, welchen Verlauf der Bericht nimmt. Das heißt für den Zuschauer, dass er das Thema des Beitrages nicht gleich am Anfang, sondern Stück für Stück an einem roten Faden verstehen muss. Es hilft also, sich den Beitrag von hinten vorzustellen – da wo der Höhepunkt – die Pointe – ist.

Neben dem Pointieren auf eine bestimmte Schlüsselaussage(n), müssen die einzelnen Textblöcke in sich schlüssig und logisch sein. Die Aussagen müssen Schritt für Schritt aufeinander aufbauen. Zu viele Zusatzinformationen stören da nur. Also sparsam damit umgehen, sonst wird der Text zu dicht.

Ein guter Einstieg im Text ist das A und O. Nackte Fakten oder Zahlen genügen nicht. Der Einstieg muss vor allem anschaulich, atmosphärisch sein. Konkrete Beschreibungen helfen, den Einstieg in die Geschichte zu finden. Spannend und überraschend ist zum Beispiel ein bildstarkes Detail. Vermeiden sollte man dagegen die üblichen Bilder wie Pressekonferenzen oder Staatsempfänge. Die können später kommen. Denn das schlimmste ist, wenn Erwartungen erfüllt werden. Der Zuschauer will ungewöhnliches sehen, vor allem am Anfang.

Es ist empfehlenswert, das Bild (und / oder die Atmo) am Anfang erst ein wenig stehen zu lassen, bevor der Text beginnt. So kann sich der Zuschauer auf die Situation erst einmal einlassen. Außerdem erzeugen solche "retardierenden Szenen" Spannung. Der Zuschauer muss nicht gleich am Anfang alles erfahren, sondern nach und nach an die Geschichte herangeführt werden.

Auch ein gelungenes Ende ist wichtig, weil sich daran der Zuschauer am meisten erinnert. Deswegen müssen die letzten Worte vor allem zusammenfassen und zu einem Fazit kommen. Das heißt auch, dass sie zum roten Faden des Beitrages passen. Nur wer alle Fakten liefert, kann auch das entsprechende Fazit ziehen.

Auch beim Schluss gilt es, Plattitüden und allgemeine Formulierung zu vermeiden. Kreativität ist gefragt. Viele Autoren neigen am Ende dazu, übertriebene Wertungen einzubauen. Der Zuschauer soll aber selbst urteilen können.

An- und Abtexter für O-Töne

O-Töne sollten mehr als nur Sachinformationen enthalten, die man ja auch verständlicher im Off-Text unterbringen kann. Gute O-Töne liefern ein substantielles Statement, eine persönliche, wertende oder originelle Meinung oder sie berichten von Ereignissen, die sich bildlich nicht darstellen lassen. O-Töne sind gut für einen Beitrag, weil sie die Richtung stützen und dramaturgisch wirken.

O-Töne sollte man nicht einfach platt ankündigen, sondern mit einem Fakt verbinden. Also nicht

"Der Staatsanwalt sagt dazu folgendes:"
sondern:

"Der Staatsanwalt erwartet ein klares Urteil."
Für den Zuschauer muss klar sein, warum jetzt ein O-Ton kommt. Jedoch sollte vermieden werden, die Aussagen des O-Tons vorwegzunehmen. Der Text sollte eher einführen und danach den O-Ton fortsetzen, aber nicht wortwörtlich. Zudem sollte ein inhaltlicher Widerspruch zwischen Text und O-Ton vermieden werden.

Ein Abtexten ist häufig nicht nötig, da die Aussage des O-Tons für sich stehen muss. Wenn aber abgetextet wird, wird oft das letzte Wort des O-Tons im Text danach wieder am Anfang aufgenommen:

O-Ton: "Und deshalb sind wir dagegen."

Off-Text: "Dagegen sind auch die..."

Das ist legitim, besser ist aber, nicht wörtlich sondern inhaltlich an den O-Ton anzuknüpfen:

Off-Text: "Auch bei den Grünen stößt der Vorschlag auf Ablehnung."
Ob sich ein Abtexter eignet oder nicht, lässt sich durch einen einfachen Trick feststellen. Man liest den O-Ton laut vor, und direkt – als wäre es ein Sinn – den Off-Text hinterher. Kommt der Sprechrhythmus aus dem Takt, ist der Abtexter nicht gut formuliert.

Bei den Voice-over-Übersetzungen sollte darauf geachtet werden, den mündlichen Stil zu erhalten und nur minimal grammatikalisch zu korrigieren.

Texten im Alltag

Oft herrscht beim Texten Zeitdruck. Der Beitrag muss gerade bei aktuellen Berichten schnell fertig werden. Manchmal greifen Autoren dazu, den Text schon vor dem Dreh grob zu schreiben. Meist kommt dabei kein guter Beitrag heraus. Texten vor dem Schnitt ist ebenso riskant weil man dann dazu neigt, Bilder nur auszuwählen weil sie zum fertigen Text passen. Da gelingt also nur wenn man bereit ist, den Text noch zu ändern – zu Gunsten der guten Bilder. Manche Autoren schreiben auch während des Schnitts. Nachteil: Man verliert schnell den roten Faden der Geschichte weil man sich zu sehr um den Schnitt kümmert. Am besten läuft das Texten nach dem Schnitt. Der Autor kann direkt auf die Bilder texten. Nachteil: diese Methode ist Zeit raubend und im Alltag selten realisierbar.

Texten für verschiedene Formate

Der Nachrichtenfilm (NiF) ist die knappste Form. Er ist in der Regel zwischen 30 und 60 Sekunden lang. Wie in Nachrichten üblich, ist er im Gegensatz zu Bericht oder Reportage nach dem Lead-Satz-Prinzip aufgebaut. Jedoch sollte auch hier Kreativität zum Zuge kommen. Das heißt zum Beispiel, dass man nicht immer einfach mit dem typischen Schlagzeilen-Satz beginnt:

"Schwere Waldbrände in Griechenland:"
Auch ein NiF braucht einen Aufbau mit Anfang, Höhepunkt und Schluss. Er darf nicht einfach als Bilderteppich herhalten.

Der Bericht ist im Internet zwischen 60 und 120 Sekunden und im klassischen TV auch mal bis zu 4 Minuten lang. Im Bericht wird ein bestimmtes Thema oder Ereignis von verschiedenen Standpunkten beleuchtet. Zunächst wird es vorgestellt, dann folgen Hintergründe und schließlich gibt es ein Fazit.

Die Reportage (zwischen 120 Sekunden und 30 Minuten lang) wird immer an einem oder mehreren Protagonisten aufgehängt, die ein Ziel in einer spannungsgeladenen Handlung erreichen müssen. Die Erzählweise ist oft chronologisch oder verbindet parallele Handlungen. Sie ist mehr emotional als analytisch. Da die Reportage spontan gedreht wird, lässt sich vorher kaum ein Text festlegen. Am Anfang weiß man noch nicht, wie das Ende der Geschichte aussieht. Der Text kommt erst nach dem Schnitt dran. Gerade in der Reportage sollte sparsam und einfach getextet werden. Bilder und O-Töne sprechen für sich. Eine gute Reportage kommt mit wenig Text aus. Zeitform ist das Präsens. Orts- und Zeitwechsel müssen genannt werden. Gerade in der Reportage bietet sich elliptisches Texten (siehe "Sprache und Grammatik") an.

Dokumentation können bereits im Text schon geplant werden. Die Doku zeigt mit Zeugnissen und Zeugen, was einmal war oder ist. Sie ist meist zwischen 30 und 90 Minuten lang. Es gibt Langzeitdokus, Dokus über historische Ereignisse oder aus der Zeitgeschichte. Kern ist, dass ein Objekt oder ein Vorgang beobachtet und analysiert wird. Lange, ruhige Einstellungen sind typisch für Dokumentationen. Textlich muss es dem Autor gelingen, objektiv mit Beispielen und Zeugnissen auf eine Position hinzuarbeiten. In letzter Zeit hat sich durchgesetzt, dass Dokus dabei mit wenig Text auskommen. Das setzt voraus, dass die Bilder selbst genügend Inhalt transportieren. Der Text führt dann weiter und ergänzt. O-Töne spielen bei Dokus eine große Rolle. Oft werden ganze Strecken nur von O-Tönen kommentiert.

Das Feature ist eine Art Genre-Mischung. Es vereint Reportage, O-Töne, Kommentare und vieles mehr mit dem Ziel, Hintergrund zu liefern. Es wird etwas geschildert, darauf folgt ein Fazit. Allgemeine Zustände werden an einem konkreten Beispiel geschildert. Für den Text bedeutet das, dass er subjektiver und kommentierender ist. Die meiste Bedeutung wird aber dem Bild zugemessen. Am Bild hängt alles.

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